Erfolgreiche ETAF-Konferenz zu der Frage, ob die Digitalisierung die Besteuerung erleichtern wird

Mehr als 100 internationale Teilnehmer aus den Reihen der Politik, der beruflichen Interessenvertretung und der digitalen Wirtschaft nahmen am 20.11.2018 in Brüssel an der durch die European Tax Adviser Federation (ETAF) organisierten Konferenz zu Herausforderungen der Besteuerung in einer zunehmend digitalen Welt teil.

Hauptthema der Konferenz waren die Auswirkungen der Digitalisierung auf die verschiedenen europäischen Steuersysteme. In seiner Begrüßungsrede legte Philippe Arraou, Präsident der ETAF, dar, dass die Digitalisierung auch immer eine Chance für die Mitgliedstaaten sei. Zwar habe der Berufsstand gegenwärtig auch viel mit Veränderungen und immer neuen Herausforderungen zu kämpfen. Er betonte aber, dass die Steuerberater auch in Zukunft eine Schlüsselrolle in einem System der fairen Besteuerung einnehmen müssen und werden. Jedoch sei es nicht nur Aufgabe der Steuerberater, sich den digitalen Herausforderungen zu stellen. Was für die Beraterschaft gelte, gelte ebenso für die Finanzverwaltungen, die "eine hoch entwickelte digitale Infrastruktur für den Steuererhebungsprozess und die beteiligten Akteure bereitstellen" sollten, so Arraou.

Den Impulsvortrag hielt David Boublil, Mitglied des Kabinetts von EU-Kommissar Pierre Moscovici, Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll. In seinem Vortrag wies Boublil auf die massiven Veränderungen hin, welche die Digitalisierung in den letzten Jahren in der Wirtschaft mit sich brachte. Compliance-Fragen stellten die Betroffenen zwar vor bedeutende Herausforderungen, jedoch seien damit auch immer Chancen und neue Möglichkeiten entstanden. Mit dem Einsatz digitaler Technologien innerhalb des Steuersystems, so betonte Boublil, könne die Digitalisierung viel Nutzen für die Steuerzahler und die Finanzverwaltungen bringen. Besonders eine schnellere und effizientere Verarbeitung von besteuerungsrelevanten Daten durch die Finanzverwaltungen sei von Vorteil für alle Steuerzahler. Denn, so Boublil, die Digitalisierung müsse allen Steuerzahlern gleich zu Gute kommen. Die Steuerberater forderte Boublil auf, sich an die Gegebenheiten von zunehmend digitalen Verarbeitungsprozessen anzupassen, denn Steuerberater seien, besonders aufgrund der komplizierten Natur der Besteuerung in den Mitgliedstaaten, ein wesentlicher Bestandteil des Steuersystems und nicht ersetzbar. Es war erfreulich zu hören, dass damit ein Vertreter der EU-Kommission die Kompliziertheit steuerlicher Regelungen anerkannte – im deutlichen Gegensatz zu Vertretern der Generaldirektion Binnenmarkt, die diese permanent in Zweifel ziehen.

Das erste Panel, bestehend aus David Boublil, Elo Madiste, Steuerberater und Mitglied der Ständigen Vertretung Estlands bei der EU, Michel Van Hoegaerden, Programmmanager beim föderalen öffentlichen Finanzdienst von Belgien und Luigi Carunchio, ETAF und Dottore Commercialista aus Italien, setzten sich mit den unmittelbaren Auswirkungen der Digitalisierung auf das Verhältnis zwischen Steuerpflichtigen und Steuerbehörden auseinander.

Einen ersten Impuls setzte Elo Madiste, indem sie die Vorteile von digitalen Prozessen erläuterte. Dabei verwies sie auf ihr Heimatland Estland, welches als EU-Vorzeigeland in puntco Digitalisierung gilt. Die Digitalisierung habe sich in Estland durchgesetzt und der Steuerverwaltung dabei geholfen, Steuererklärungen effizienter und schneller zu verarbeiten, so Madiste. Sie betonte, dass heute in Estland 99% der Steuererklärungen in digitaler Form eingereicht werden. Das Nutzen digitaler Kommunikationsmedien stelle dabei keine größeren Herausforderungen für die Bevölkerung mehr dar. Michel van Hoegaarden beschrieb, dass es Ziel der Finanzverwaltung in Belgien sei, die elektronischen Steuererklärungen in ähnlicher Weise wie in Estland zu nutzen. Für ihn stellten die neuen Verarbeitungsprozesse vielmehr eine Partnerschaft zwischen Regierungen und Unternehmen dar, damit die automatisch von der Regierung gesammelten Daten und Informationen einfacher verarbeitet werden können. Er erwarte jedoch auch, dass sich die Rolle der Steuerberater in einem solchen, vom direkten Austausch geprägten Prozess zwar verändern, dabei aber auch noch an Bedeutung gewinnen werde.

Eine auch im Nachgang durchaus kontrovers diskutierte Entwicklung beschrieb Luigi Carunchio. Dabei ging es um das neue „E-Invoicing-System“, welches ab dem 1.1.2019 in Italien verpflichtend ist. Dabei stellt die italienische Regierung eine einheitliche Plattform bereit, über die jede Rechnung in Italien fortan laufen soll. Carunchio erläuterte dabei die Risiken, die vor allem mit dem Schutz der in den elektronischen Rechnungen enthaltenen Daten verbunden sind. David Boublil nutze die Diskussion, um erneut auf die Wichtigkeit gemeinsamer Regeln in der EU hinzuweisen. Nur mit einem harmonisierten Gesetzesrahmen könnten die Vorteile der Digitalisierung vollumfänglich gewährleistet und die Effizienz der Steuersysteme in der EU weiter gesteigert werden.

Im zweiten Panel mit dem Titel „Neue digitale Technologien: Herausforderungen und Chancen“ berichteten Caroline Malcolm, Leitende Beraterin für Steuern und Digitalisierung am Zentrum für Steuerpolitik bei der OECD, Prof. Dr. Robby Houben, Professor an der Universität Antwerpen und Berater bei Baker McKenzie und Riccardo Lambri, Dottore Commercialista und Steuerexperte für Digital Assets aus Italien, über den möglichen Nutzen der Blockchain-Technologie für die Steuersysteme sowie über Risiken im Zusammenhang mit Kryptowährungen.

Caroline Malcolm lieferte interessante Einblicke in die derzeit von der OECD geleistete Arbeit und wies darauf hin, dass die Blockchain-Technologie ein nützliches Instrument für Steuerverwaltungen darstellen könnte, um in Echtzeit einen sicheren Zugang zu steuerrelevanten Informationen multinationaler Konzerne zu erhalten. Prof. Dr. Houben konzentrierte sich auf die Risiken, die mit der Verwendung von Kryptowährungen verbunden sind, insbesondere mit Bezug auf die Anonymität, die mit bestimmten digitalen Vermögenswerten einhergehe. So könne dies zunehmend zum Zweck der Geldwäsche und Steuerhinterziehung missbraucht werden. Derzeit spreche bspw. der europäische Rechtsrahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche das Problem des Missbrauchs bei der Verwendung von Kryptowährungen nicht an. Um einem Generalverdacht entgegenzuwirken, betonte Riccardo Lambri, dass er Mandanten, die in Kryptowährungen investieren, bereits heute den Rat gebe, gegenüber den Finanzverwaltungen mit völliger Transparenz zu agieren, wenn es um Kryptowährungen gehe.

Die ETAF-Konferenz bot ein gutes Forum für den Austausch zwischen Vertretern der EU-Institutionen, der Regierungen der Mitgliedstaaten und Fachleuten über die Herausforderungen und Möglichkeiten neuer Technologien in der Steuerberatung und Steuererhebung. Für den Deutschen Steuerberaterverband (DStV) nahmen WP/StB Prof. Dr. H.-Michael Korth, DStV-Vertreter im ETAF-Board, StB/RB Manfred Klar, Vizepräsident des DStV, StB Torsten Lüth, Vizepräsident des DStI, RA/FAStR Prof. Dr. Axel Pestke, Hauptgeschäftsführer des DStV sowie Dr. Jan Trommer, Referent für Europarecht des DStV, an der ETAF-Konferenz in Brüssel teil.